Sonntag, 16. Mai 2010

Love & Anger

Yesterday I was asked to write about the wondrous matter of „Love & Anger“ for „3tongues1subject“. I have been tip-toeing around this topic for hours, have been eyeballing it from every angle but I can't grasp it. Maybe because love and anger don't constitute a common collocation in the German language. Beyond parlance they might perform as a duett but personally I never considered love and anger as an item.

Love itself I have examined to the core and to its outermost. But who hasn't? I have all the answers I need to the questions of the kinds of love I have encountered. Anger, however, is theoretically unexplored territory.

Love is practically a simple matter. Basically. For it is a feeling that either exists or not. There is no such thing as semi-love, in love there is no „somehow“, no „maybe“. You either love or don't. If your answer to the question „Do you love him, do you love her?“ isn't an ardent „yes“, for me the problem has fixed itself. It is as simple as that.

The difficult thing about love is the journey towards it, the evolution of its mature form that dwells at the bottom of your guts and that offers itself to ardour at all times. The conditions, however, that its growth involves are so individual and manifold that you cannot ponder globally about them. Every one of us has its own breeding ground for love, spiked with most different elements. One component we might share nevertheless: expectation. Expectations again are built upon a long grown concept of values and life. Affections, there are many. You can find them hanging around on every corner. But if the object of affection does not live up to our expectations, if it devalues our values or doesn't share our idea of life, the odds of love are fairly marginal.

And this is exactely the point where I can artfully bring in our friend „anger“. If anger joins the play at the moment of dashed expectations, love gets a second chance. Indifference, disinterest or a definite death sentence, rendered upon our statutes, blight love irrevocably.

Anger, however, challenges, anger screams: „Prove me wrong. Prove yourself. Reach out your hand to me.“ If our object of affection now manages to extinguish the fire, the carousel may spin on.

So anger is an abetter of love – which slowly explains why the English wed the two of them.

The form of social anger we are talking about here grows from affinity and closeness. Only when we are close, we express our disappointment with anger. Anger demonstrates our willingness to turn affection into love. And then it is for our opponent to make a step towards us, to pull the carpet out from anger's feet or to add fuel to the fire.

The strongest, most beautiful, exquisit, romantic and at the same time most unromantic kind of love, however, is the the one in which the anger exstinguishes itself due to its principal's unconditional nature. The form of love in which you love against, through and above the disappointments and expectations. Not many have the knack of loving unconditionally. Personally, I am very rarely able to do and feel so but if I do I am a true master of the discipline since this particular species of love is entirely unpretentious and grants me limitless freedom. It does neither cage nor constrain. All I need to do then is to feel, I must not hope, expect and make plans for the future, that I prefer to be unplanned by nature.

The tragical thing with unconditional love is that it is not understood as love by its recipient. The heart-rending romanticism that dwells in it is interpreted by the beloved as indifferent and indolent non-romanticism. He, she is aching for the anger, the expectations, some set limits and hurt feelings as proof of love. And for that reason unconditional love is the biggests tragedy of romance by virtue of its perfection.

For my writing Ego Melpomene is the most inspiring of all Muses, for my feeling Ego it is the most lonesome. But one experience is still missing in my history of affection – the clash of two unconditional lovers. As an advocate of freedom and feelings my personal key to romantic sustainability lies in such an encounter. For Nemesis, however, this would induce an agonising death.

So for me as a feeling being „Love & Anger“ is the most probable and common formation of love but for me as a writer it is for sure not the most desireable.

------


Gestern wurde ich gebeten im Rahmen von „3tongues1subject“ über den wundersamen Stoff „Love & Anger“ zu schreiben. Seit Stunden laufe ich auf Zehenspitzen um dieses Thema herum, beäuge es von allen Seiten, doch ich kann es nicht greifen. Das mag ganz einfach daran liegen, dass Liebe und Zorn im Deutschen keine gängige Kollokation darstellen. Jenseits des Sprachgebrauchs mögen Sie im Duett agieren, doch ich persönlich habe die Liebe und den Zorn noch nie als Paar betrachtet.

Die Liebe allein habe ich zweifelsohne bis ins Innerste und Äußerste untersucht. Wer hat das nicht? Auf die Fragen der Liebe, so wie sie mir begegnet und begegnet ist, habe ich alle Antworten, die ich brauche. Der Zorn dagegen ist theoretisch unerforschtes Gebiet.

Die Liebe ist praktisch eine simple Geschichte. Im Grunde. Denn sie ist ein Gefühl, das entweder vorhanden ist oder nicht. Es gibt keine halbe Liebe, in ihr gibt es kein „irgenwie schon“, kein „vielleicht“. Entweder man liebt oder liebt nicht. Wenn man die Frage „Liebst du ihn, liebst du sie?“ nicht mit tiefster Inbrunst mit „Ja“ beantworten kann, dann hat sich die Sache für mich auch schon erledigt. Ganz einfach.

Das Schwierige an der Liebe ist der Weg zu ihr hin, die Entwicklung der ausgewachsenen Form, die einem tief unten im Bauch sitzt und sich der Inbrunst jederzeit anbietet. Die Bedingungen aber, die mit dem Wachstum verbunden sind, sind derart individuell und mannigfaltig, dass man global darüber nicht sinnieren kann. Jeder hat seinen eigenen Nährboden für die Liebe, mit den unterschiedlichsten Elementen versetzt. Eine Komponente haben sie aber wohl alle gemein: die Erwartung, die wiederum aufbaut auf den lange gewachsenen Werte- und Lebensvorstellungen. Sympathien gibt es viele. An jeder Ecke sitzt eine herum. Doch erfüllt das Objekt der Sympathie die Erwartungen nicht, tritt es unsere Werte in den Allerwertesten oder teilt es unsere Vorstellungen vom Leben nicht, sind die Chancen für Liebe relativ gering.

Und genau an dieser Stelle kann ich geschickt unseren Freund „Zorn“ ins Spiel bringen. Denn gesellt er sich zum Zeitpunkt der gebrochenen Erwartungen hinzu, bekommt die Liebe eine zweite Chance. Indifferenz, Desinteresse oder ein eindeutiges Todesurteil, gefällt auf Basis unseres eigenen Gesetztes, ersticken sie dagegen oft unwiderruflich im Keim.

Der Zorn aber fordert heraus, er brüllt: „Beweise mir, dass ich im Unrecht bin. Beweise dich. Reiche mir die Hand.“ Gelingt es unserem Objekt der Sympathie nun, das Feuer zu löschen, darf sich das Karussell weiterdrehen.

So ist der Zorn also ein Gehilfe der Liebe – womit sich mir langsam erschließt, wieso der Engländer die beiden vermählt.

Die Form des sozialen Zorns, von dem wir hier sprechen, entsteht aus Nähe, denn nur wenn wir uns nah sind, bringen wir unsere Enttäuschung als Zorn zum Ausdruck. Zorn ist eine Demonstration unserer Bereitschaft, aus dem Hingezogensein echte Zuneigung werden zu lassen. Und dann kommt es auf das Gegenüber an, ob er oder sie einen Schritt zumacht auf uns, ob er dem Zorn den Boden unter den Füßen wegzieht oder ob er Öl ins Feuer gießt.

Am schönsten, stärksten, erlesensten, romantischsten und zugleich unromantischsten ist aber vermutlich die Form der Liebe, in der sich der Zorn aufgrund von Bedingungslosigkeit selbst löscht. In der man hinweg liebt über die Enttäuschungen und Erwartungen. Nicht viele besitzen das Talent zur bedingungslosen Liebe. Ich persönlich kann zwar sehr selten, aber dann umso besser bedingungslos lieben, denn diese Spezies der Liebe ist absolut anspruchslos und gewährt mir grenzenlose Freiheit. Sie sperrt nicht ein, schränkt nicht ein. Ich darf darin einfach nur fühlen, aber muss nicht hoffen, erwarten, planen.

Das Tragische an der bedingungslosen Liebe ist, dass sie vom Empfänger zumeist nicht als Liebe verstanden wird. Die herzzerreißende Romantik, die in ihr wohnt, wird vom Geliebten als indifferente und indolente Unromantik interpretiert. Er, sie will den Zorn, die Erwartungen, die Grenzen, die verletzten Gefühle als Beweis für die Liebe. Und so ist die bedingungslose Liebe in ihrer Vollkommenheit die größte Tragödie der Romantik.

Für mein schreibendes Ich ist Melpomene die inspirierendste aller Musen, für mein fühlendes Ich ist sie am einsamsten. Doch noch fehlt mir eine Erfahrung, das Aufeinandertreffen von zwei bedingungslos Liebenden. Als Freundin der Freiheit und der Gefühle habe ich die Vermutung, dass in dieser Begegnung mein ureigener Schlüssel zur romantischen Nachhaltigkeit liegt. Für Nemesis aber würde das einen qualvollen Tod bedeuten.

Und so bilden „Love & Anger“ für mich als Fühlende die wahrscheinlichste und üblichste Formation der Liebe, für mich als Schreibende aber noch lange nicht die Erstrebenswerteste.




3 Kommentare:

  1. WOW, Danke Nadja, Du bist einfach WOW

    AntwortenLöschen
  2. man, beachte, wie sich die bedingungslose Liebe logisch-sematisch zum Clauswitzschen absoluten Krieg verhält. So tendiert die Logik des Begriffes vom Krieg zum absoluten, äußersten, but politics molds it, so that pure war in logic is never borne out in reality. So existiert die bedingungslose Liebe womöglich ebenso nur dem Begriffe nach, but as soon as its embodied, it's conditional, dependent on a conscious mind, and real only for that reason.

    If true, what follows?

    AntwortenLöschen
  3. Richtig. Und aufgrund dessen auch der Tod der Muse siehe oben..

    AntwortenLöschen